Unterwegs zu Klima und Wasser: Nach dem Erlebnisspaziergang in Boizenburg
Beim Durchlaufen unterschiedlicher Stationen, wie dem Wasserwerk, der Wassermühle, Schöpfwerk und Hafen, und Fürstengarten, und Bollenberg Brunnen konnten wir unser Wissen austauschen, wie wir uns aktuell und zukünftig gegen die Herausforderungen wappnen können: Wie funktioniert eigentlich die Wasserversorgung in Boizenburg im Hitzestress und in Dürreperioden? Was passiert mit der Wasserversorgung, wenn der Strom ausfällt? Wie kann der Umgang mit (Grund-) Hochwassern verbessert werden? Dies waren nur einige der Fragen, die wir während des Spaziergangs vertieften.
Klimawandel gibt es auch in Boizenburg
Die letzten Jahrzehnte zeigen bereits: Der Klimawandel bringt mehr Hitze, mehr Trockenperioden, aber auch mehr Niederschläge für Boizenburg. Einerseits verdunstet mehr Wasser durch Hitze. Wenn mehr verdunstet, regnet es stärker an anderer Stelle.
Zunächst ging es vom Marktplatz zur Wassermühle. Wussten Sie, dass die erste Stromversorgung in den 1890er Jahren in Boizenburg der Beleuchtung der Innenstadt diente und „erneuerbar“ aus Wasserkraft gespeist wurde? Man muss also gar nicht immer das „Rad neu erfinden“: Auch ältere Praktiken können Lösungen für die Zukunft sein.
Dies zeigte sich auch, als wir später am Bollenberg Brunnen über die Gefahr von Grundhochwasser in der Stadt diskutierten: Wenn der Pegel in der Elbe steigt, beginnen die Probleme oftmals nicht erst, wenn das Wasser über die Deiche schwappt. Das Wasser drückt bereits vorher auf das Grundwasser. An vielen Stellen in der Stadt drückt das Wasser dann von unten in die Häuser. Im Gespräch wurde deutlich: Das wussten auch unsere Vorfahren: Viele ältere Gebäude in Boizenburg wurden mit Kellern aus Stein gebaut, die es erlaub(t)en, die Keller mit (Grund-)Hochwasser ohne große Probleme voll- und ablaufen zu lassen. Im 20. Jahrhundert gehörte diese Bauweise allerdings weitgehend der Vergangenheit an. Es stellt sich daher heute die Frage: Inwiefern sind Haushalte in Boizenburg etwa mit „Rückstauklappen“ ausgerüstet, damit das Wasser nicht in die Gebäude drückt, wenn der Elbpegel steigt?
Eine weitere Station war das Wasserwerk der Versorgungsbetriebe. Hier erfuhren wir, dass Deutschland zu den wasserreichsten Ländern der Welt zählt. Die Boizenburger Brunnen reichen bis in die sogenannte dritte Aquasphäre etwa 150m unter die Erde. Während Hitzewellen steigt der Wasserbedarf drastisch an: Die Boizenburger duschen häufiger und nutzen das Wasser zum Trinken und für die Bewässerung ihrer Pflanzen. Unternehmen benötigen es zum Kühlen. Deutlich wurde: Bei mehr Hitze müssen die Wasserwerke mehr Geld in die Bearbeitung, den Ausbau und die Instanthaltung von Brunnen und Leitungen stecken. Das schlägt auf den Geldbeutel: Das Wasser wird teurer.
Bollenberg Brunnen Mühle Blühwiese Pause am Hafen Weidengang
Am Hafen und am Schöpfwerk diskutierten wir Hochwasserfragen für Boizenburg. Bei Sonnenschein und 27 Grad, fiel die Vorstellung schwer, dass die Areale durch große Wassermassen in der Vergangenheit überflutet wurden und zukünftig wohl auch häufiger geflutet werden. Eine spannende Frage, die wir uns stellten: Warum ist die Elbe eigentlich stärker auf der Ostseite eingedeicht als auf der Westseite? Hängt das Ganze mit unterschiedlichen Vorstellungen zusammen, wir mit Hochwasser umgegangen werden sollte? Fakt ist: In Westdeutschland fand schon spätestens seit in den 1980er Jahren ein Wechsel im Umgang mit Hochwassergefahren statt: Den Fluss weniger als Feind zu sehen, den man mit Deichen bekämpfen muss, als vielmehr durch Retentionsflächen „mit dem Wasser zu leben“ wurde zusehends als der Königsweg gesehen. Doch bis heute zeigen sich Konflikte um die „richtigen“ Hochwasserschutzmethoden in der Region: Deichen oder Weichen? Wie können wir Lösungen finden, die alle Beteiligten tragen können?
Und? Hat sich die Perspekive geändert?
Abschließend sei bemerkt: Bei etwa 27 Grad, Sonnenschein und einer leichten Brise Wind kamen uns die Temperaturen im Vergleich zu den Tagen zuvor noch moderat vor. Ich verzichtete auf meine Sonnencreme. Das Resultat: Ein Sonnenbrand. Es zeigt sich: Hitze- und Klimaanpassungspraktiken müssen nicht immer viel Aufwand erfordern.
Wir knüpfen bei der Ideenwerkstatt am 31.8. und am Tag des Wassers 14.09. an den Austausch auf jeden Fall an. Kommen Sie dazu!
Thorsten Heimann (FU Berlin)
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